CDU Stadtverband Werder (Havel)

"Ich muss Werders Kirchturm sehen"

PORTRÄT Bürgermeister Werner Große wird 60 und regiert in Werder seit 20 Jahren - er tritt noch einmal an

Seit 20 Jahren steht Bürgermeister Werner Große (CDU) in Werder an der Spitze und stellt sich 2010 zur Wiederwahl.
Am Montag feiert er nicht nur den 20. Jahrestag des Mauerfalls, sondern
auch seinen 60. Geburtstag.
 
WERDER
Schäferhund Hill liebt den Sonntagvormittag. Dann hat Herrchen Zeit für ihn und das gemeinsame Training - wenn Bürgermeister Werner Große nicht zu einem Notfall in der Stadt gerufen wird. Beim Laufen, Springen und schnellen Reagieren halten sich beide fit. Derweil kocht Frau Annette
das Mittagessen, denn wenn beide nach Hause auf die Insel kommen, haben sie einen Bärenhunger. Und beide lieben Fleisch. Wer Bürgermeister Werner Große kennt, weiß: ein Bierchen rundet das Mahl erst richtig ab - natürlich nur für das Herrchen. Amtsmüde wirkt Große nach 20 Jahren
im Bürgermeistersessel nicht. Die Dünnhäutigkeit, die er 2008 während
der Diskussionen um das Baumblütenfest an den Tag legte, ist alter Selbstsicherheit gewichen. Am 14. März 2010 will Große wiedergewählt werden. Der gelernte Gärtner und studierte Jurist gehört zu den dienstältesten Bürgermeistern im Landkreis Potsdam-Mittelmark.
An Ruhestand denkt er noch lange nicht. "Jetzt, wenn wir in den Havelauen das Freizeitbad für Werder bauen wollen, kann ich doch nicht kürzer treten. Meine Mutter ist 95 geworden, das will ich auch schaffen", sagt Große, der am Montag nicht nur den 20. Jahrestag des Mauerfalls feiert, sondern
auch seinen 60. Geburtstag begeht. Große wollte schon 1990 Bürgermeister werden und setzte sich bei der Kommunalwahl im Mai 1990 gegen das einstige SED-Stadtoberhaupt Lothar Schäfer durch. Der Wirtschaftsjurist und Christdemokrat Große war jahrelang Stellvertreter des Bürgermeisters zu DDR-Zeiten gewesen. "Ich war eine klassische Blockflöte", sagte Große kürzlich. Als Student war er in die CDU eingetreten,
um nach eigenen Worten nicht der SED dienen zu müssen. "Mich vor
der Wende in den Westen abzusetzen, ist mir nie eingefallen, obwohl auch ich Ende der achtziger Jahre die Lügen in den Berichten über die Stimmung unter den Bürgern nicht mehr ertragen konnte. Aber ich bin nun mal bodenständig, muss Werders Kirchturm sehen." Seine Eltern seien ebenfalls wenig begeistert von der SED-Diktatur gewesen. 1961 hätten sie das Land verlassen wollen. Die Koffer waren gepackt. "Aber mein Vater wollte noch die Pflaumen ernten. Als sie reif waren, war die Mauer hochgezogen", erinnert sich Große, der aus einer Obstbaufamilie
stammt. Am Tag, als Große seinen 40. Geburtstag feierte, fiel die Mauer. "Einer der Gratulanten schenkte mir die offene Grenze. Ich dachte, der spinnt", erinnert sich der Jubilar. Trotz der großen Freude saß Große am nächsten Morgen - im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern - im CDU-Bezirksvorstand an seinem Schreibtisch. Erst am 12. November, nach der Faschingseröffnung in Werder, führte ihn sein Weg in den Westen. "Ich
wollte schon früher unerreichbare Länder bereisen - aber immer mit Rückfahrschein." Anders als beim Werderaner Pfarrer Schalinsky, dessen Familie - mehr als der Geistliche je geahnt hatte - bespitzelt wurde, existiert zu Werner Große offenbar keine Akte der Stasi. "Ich habe sie angefordert, Einsicht nehmen wollen, aber bis heute gibt es keine. Es hat
mich selbst sehr gewundert. Wer weiß, was damit passiert ist", sagt Große.
Seit zwei Jahren spürt der Bürgermeister den Gegenwind jener Werderaner,
denen das stetig wachsende Blütenfest zu laut und gefährlich ist. "Ich kann ja die Leute verstehen, dass sie das Fest zu anstrengend finden, aber es gehört seit über 100 Jahren zu Werder, hat uns beliebt und bekannt gemacht. Auch Betrunkene hat es immer gegeben", wehrt Große ab. Die Kritik hat er dennoch beherzigt. So ließ er mehr Toiletten aufstellen. Als Inselbewohner kennt er die Leiden der Hausbesitzer: Ihre frisch getünchten Wände werden zu öffentlichen Urinalen. Wenn es um das Resort Schwielowsee geht, werfen Abgeordnete dem Stadtoberhaupt vor, er käme dem umstrittenen Investor Axel Hilpert zu weit entgegen. So setzt sich Große derzeit dafür ein, dass Hilpert zwei neue Häuser auf einer exponierten Kuppe am Ufer des Schwielowsees errichten darf. Große rechtfertigt seine nachgiebige Haltung: "Ohne das Resort, diesen Anziehungspunkt für Werder, würde der frühere Hotelplattenbau heute noch stehen und daneben meterhoch das Unkraut." Der Abgeordnete Peter Hinze (Linke) ist mit Große in Werder groß geworden. "Er ist ein feiner Kerl, nur in der falschen Partei. Für Werder hat er viel erreicht. Aber uns fehlt noch immer sein Konzept für die Bismarckhöhe und gegen die Stegwilderei in Werder, die das Ufer kaputtmacht. Und warum er in Werder kein kostenloses Schulessen will, ist mir auch nicht klar." Auf Großes Initiative hatten die Stadtverordneten entschieden, die sanierungsbedürftige Bismarckhöhe zu kaufen. Weil keiner sie wegen der hohen Sanierungskosten haben wollte, sah sich Große zu dem Schritt bewogen - das Denkmal war vom Verfall bedroht. "Trotz der großen Ausgaben und der nicht leichten Bewirtschaftung habe ich die Entscheidung für die traditionelle Bismarckhöhe nicht bereut, ich würde es
genauso wieder tun. Hätten wir sie nicht gerettet, wäre dieses Erbe heute verloren", sagt Große rückblickend. Das Stadtoberhaupt liebt den Sport,
auch wenn Große jahrelang nicht mehr auf dem Kunstrad saß. Das Rudern
dagegen hat er bis heute nicht verlernt. Dabei liebt er es im Boot wie in der
Politik, dass sich die Mannschaft hohe Ziele stellt und streitet, "wenn es der
Sache und nicht dem persönlichen Sieg dienlich ist."