CDU Stadtverband Werder (Havel)

"Ganz aufhören kann ich nicht"

Werders Bürgermeister Werner Große (64) spricht im Interview über den Rücktritt, seine Wunsch-Nachfolgerin und das Wesen des Werderaners. Zudem verrät er, dass es keinen kompletten Rückzug geben wird. Seine gesammelten Erfahrungen, so Große, würde er gerne weitergeben - und bei der Kommunalwahl steht er auf einem aussichtsreichen Platz.
Werner Große
 Potsdam. MAZ: Wie schwer ist Ihnen der Schritt zum Rückzug nach einem Vierteljahrhundert im Amt gefallen?

Werner Große: Ich war einen großen Teil meines Lebens Bürgermeister dieser Stadt. Jetzt bin ich erleichtert - es ist raus. Viel Zuspruch habe ich bekommen von Leuten, die sagen: "Junge, das machst du richtig!"

Wie lange haben Sie mit sich gerungen?
Große: Der Entscheidungsprozess hat sich etwa ein halbes Jahr hingezogen. Meine Frau hat gesagt: Entweder auf dieser Stadtverordnetensitzung oder gar nicht.

Sie waren rund ein Jahr krankheitsbedingt außer Dienst. Dann sind Sie zurückgekommen, auch um die Blütentherme voranzubringen. Eröffnung sollte vor zwei Jahren sein, die Kosten steigen. Ist jetzt ein Punkt erreicht, an dem das Projekt läuft?
Große: Es läuft jetzt, war aber ein sehr kompliziertes Bauvorhaben mit einer anspruchsvollen Architektur - nicht 08/15. Es wurde zu optimistisch über Termine gesprochen. Herr Steinhart (Chef der Kristall Bäder AG - die Red.) hat jetzt aber mehrfach öffentlich erklärt: Der 30. September steht als Eröffnungstermin. Die Kostensteigerung beträgt fünf Prozent der gesamten Bausumme. Im Vertrag war vereinbart, unter welchen Bedingungen wir Mehrkosten übernehmen müssen. Das haben wir getan.Damit ist die Sache erledigt.

Wichtig ist: Die arbeiten weiter, das 25-Meter-Becken ist fertig. Jetzt ist der Fummelkram dran, die Fliesen!

Hat das Bad für Sie den größten Stellenwert, wenn man Ihre gesamte Amtszeit von 25 Jahren überschaut?
Große: Man muss die Stadt insgesamt sehen, da ist die Therme natürlich ein wichtiger Baustein. Schon zu DDR-Zeiten als stellvertretender Bürgermeister war ich von meiner Chefin beauftragt, mich um ein Schwimmbad zu kümmern ‒ um ein Hallenbad. Daran sind wir gescheitert, weil wir weder Bezirks- noch Kreisstadt waren.

Sie sind dennoch schneller als Potsdam mit seinem Bad.
Große: Potsdam hat kompliziertere Entscheidungswege als wir in der Kleinstadt. Für Werders städtische Entwicklung war die Entscheidung zum Thermenbau eine Initialzündung. In den Havelauen sind alle Eigenheimgrundstücke verkauft, die alten Kasernen werden saniert. Ein Stadtplatz entsteht. Wir sind staatlich anerkannter Erholungsort. Die Therme gehört dazu, sie ist das Tüpfelchen auf dem i. Man darf aber die anderen Dinge nicht außer Acht lassen. Wir haben ein völlig neues Gymnasium gebaut und Kitas. Das Wichtigste für mich ist, dass wir ein ganz gutes Klima in der Stadt haben und eine lebendige Vereinslandschaft. Man merkt in Werder nicht mehr, wer aus dem Osten und wer aus dem Westen kommt.

Wer ist Ihr Lieblings-Nachfolgekandidat?
Große: Naja, das entscheidet ja nicht die CDU. Alle Parteien werden die Köpfe zusammenstecken und überlegen, wen sie ins Rennen schicken. Die CDU auch. Ich habe ja eine ganz gute Stellvertreterin.

Sie sprechen von Manuela Saß. Die ist aber parteilos. Können Sie sich eine parteilose Bürgermeisterin in Werder vorstellen?
Große: Schon. Aber es wäre doch schön, wenn sie Parteimitglied wäre. Da wird es wohl noch Gespräche geben. Dazu möchte ich mich aber nicht weiter einlassen.

Es gab die Spekulation, die Ex-CDU-Landesvorsitzende Saskia Ludwig sei an dem Bürgermeisterposten interessiert.
Große: Sie hat mir schon vor relativ langer Zeit gesagt, dass sie kein Interesse hat. Mein Sohn will übrigens auch nicht. Der hat ja einen ganz guten Job als Landesgeschäftsführer der Union.

Welche drei Tipps geben Sie ihm oder ihr?
Große: Man muss immer den Interessenausgleich herstellen zwischen den Schichten. Man sollte die Menschen relativ frühzeitig an Entscheidungen beteiligen und einen kollegialen Umgang mit seinen Mitarbeitern pflegen. Wenn die Mitarbeiter nicht mitziehen, können Sie hoch und nieder springen.

Hat es Sie nie genervt, dass Sie eine öffentliche Person unter kompletter sozialer Kontrolle sind, dass die Leute sich erzählen, was Sie im Supermarkt einkaufen oder ob Sie Husten haben?
Große: Genervt? Das kann ich nicht sagen. Den Kontakt zu den Bürgern habe ich gesucht, habe meine Handynummer auf meiner Visitenkarte. Belastend sind, wenn man älter wird, die vielen WochenendTermine ‒ dieses Wochenende ist das erste freie seit Jahresanfang. Ich wäre oft gern mit meiner Frau irgendwo hin gefahren.

Was bedauern Sie im Rückblick auf Ihre Amtszeit am meisten?
Große: Dass Werder nicht Amtssitz geworden ist. Aber der Schmerz hält sich sehr in Grenzen. Was sehr ärgerlich ist: Wir haben noch keine Unterführung der Eisenbahnstraße. Die Leute wollen mit dem Auto vom Zentrum zur Therme und ein paar Tausend Leute werden dort wohnen. Das ist schon ein bisschen chaotisch, wenn die Schranke unten ist.

In Beelitz war die Unterführung in zwei Jahren durch.
Große: Ich kann's auch nicht verstehen. Mit Bund und Bahn ist alles klar. Jetzt liegt es am Land. Es muss die Mittel bereitstellen. Das Planfeststellungsverfahren ist noch nicht einmal eröffnet.

Sie sind über die Stadtgrenzen hinaus sehr angesehen als Präsident des Städte- und Gemeindebundes. Hat Sie jemals jemand gefragt, ob Sie nicht in der großen Politik Karriere machen wollen?
Große: Ich bin mal vor langer Zeit gefragt worden, ob ich Staatssekretär werden wollte. Aber ich habe klargestellt: Ich muss immer meine Kirchturmspitze sehen. Wenn ich abends das Rathaus verlasse, weiß ich, was ich getan habe den Tag über ‒ man sieht die Ergebnisse. Um es frei nach Franz Müntefering zu sagen: Bürgermeister von Werder zu sein, ist der zweitschönste Job nach dem Papst.

Werder hat jetzt fast 24.000 Einwohner. Wo ist die Grenze des Wachstums aus Ihrer Sicht?
Große: Rund 500 Wohnungen kommen noch in den Havelauen dazu. Die Grenze des Wachstums ist aus meiner Sicht bald erreicht. Wir merken jetzt schon, dass der Druck aus Potsdam auch auf uns wirkt. Damit steigen die Preise. Ich hoffe nur, dass das Land ein Programm für sozialen Wohnungsbau auflegt. Nichts ist schlimmer, als wenn eine Stadt nur noch für eine bestimmte Klientel da ist. Die Mischung muss stimmen. Ich war immer froh, dass sich Otto-Normal-Verbraucher noch Grundstücke leisten konnten.

Sie sind sehr geschichtsbewusst, lesen viel zur deutschen Geschichte. Was macht eigentlich den Typischen Werderaner aus?
Große: Meine Familie hat das Fischereirecht 1648 erhalten. Der Ur-Werderaner ist sehr bodenständig. Er braucht seine Scholle. Meine Oma hat immer gesagt: Junge, du musst immer dafür sorgen, dass du einen Morgen Land hast. Dann kannst du dich in schlechten Zeiten immer ernähren. Da ist etwas dran.

Haben Sie einen Morgen Land?
Große: Einen knappen Morgen - das entspricht einem Viertel Hektar, 2500 Quadratmeter. Ich mache aber nicht mehr viel. Ein paar Tomaten, Erdbeeren, Kirschen. Ich habe zu DDR-Zeiten genug geknüppelt in der individuellen Produktion. Das hat gereicht.

Sie sind auf Listenplatz eins der Werderaner CDU gesetzt. Treten Sie an?
Große: Ja. Wenn ich gewählt werde. So ganz aufhören kann ich nicht, möchte noch etwas mitmachen. In den Vordergrund drängeln werde ich mich nicht. Aber man hat doch in den Jahren ein paar Erfahrungen gesammelt, die man weitergeben kann.

Sie kandidieren auch für den Kreistag. Würden Sie auch dieses Mandat annehmen?
Große: Ja. Man kann ja nicht nur im Garten rumpuzzeln oder den Hund ausbilden. Im Sommer kommt wieder einer. Ein Terrier.

Interview: Ulrich Wangemann